Neue Räume für Demokratie in Fürth

Der neue Fürther Zukunftssalon am Grünen Markt wurde mit einer mehrtägigen Demokratiekonferenz der Fürther Partnerschaft für Demokratie in Kooperation mit Bluepingu einem breiteren Publikum bekannt. Bereits seit Ende August hat sich die ehemalige Fahrschule mit den markanten Schaufenstern an der Adresse Marktplatz 4 wieder mit Leben gefüllt. Durch einen zweijährigen Zuschusstopf zur Innenstadtbelebung war es Bluepingu möglich, den kleinen Laden „Tatütata“ in der Hirschenstraße zu verlassen und den repräsentativen Leerstand in der Fürther Altstadt als Untermieter zu beziehen. Hier gibt es nun einen Aufenthaltsbereich mit Café-Charakter und einen großen Mehrzweckraum. Mit diesen Räumlichkeiten soll Fürth endlich ein niedrigschwellige Raumangebot für verschiedene sozial-ökologisch engagierte Initiativen bieten, die in dieser Form bisher fehlten.

Für die Organisator*innen ist es nun der nächste Schritt zum möglichen Nachhaltigkeits- und Zukunftszentrum in der Alten Feuerwache. Diese wird auf absehbare Zeit für eine solche Nutzung nicht zur Verfügung stehen, doch die Vision bleibt. Der neue Zukunftssalon mit dem Namen „Tataa!“, in Anlehnung an die ehemaligen Räumlichkeiten, will nun die Raumbedarfs-Lücke möglichst lange füllen und damit „im Kleinen“ zeigen, was sich viele Organisationen und Gruppen in einer künftigen Nutzung der Alten Feuerwache vorstellen könnten.

Um quasi den Startschuss für diesen neuen „Raum für Demokratie“ zu geben, hat die Fürther Partnerschaft für Demokratie mit den Initiator*innen des Zukunftssalons zusammen eine mehrtägige Veranstaltung organisiert. So war der Donnerstagabend mit Referentin Katharina Liesenberg von einer lebendigen Diskussion geprägt, welche Beteiligungsarten, Methoden und Zielgruppen es bei einer guten, inklusiven Bürger*innen-Beteiligung gibt. Gemäß dem Motto des Abends wurde im Rahmen ihres Vortrags auch intensiv über „Sinn, Unsinn und Zweck“ von verschiedenen Beteiligungsformaten gesprochen. Dabei berichtete Liesenberg auch von ihren eigenen Erfahrungen auf kommunaler, aber auch Bundesebene. Mit den von ihr mit gegründeten Vereinen „mehr als wählen e.V.“ oder „Demokratie Innovation e.V.“ konnte sie einige Bürgerräte begleiten. Aktuell ist sie u.a. im Entstehungsprozess der dauerhaften Implementierung eines bundesweiten Bürgerratkonzepts mit dem Bundestag beteiligt.

Um eine niedrigschwellige Partizipation von Bürger*innen jenseits von formalen Beteiligungsverfahren zu ermöglichen, benötige es entsprechende Räumlichkeiten. Genauso wie die Räume niedrigschwellig und konsumfrei sein müssten, sind auch die gewählten Formate so zu organisieren, dass die Bürgerschaft in ihrer realen Diversität, also etwa den verschiedenen sprachlichen Fähigkeiten, individuellen Interessen und den beruflichen Verpflichtungen einbezogen wird. Ihrer Erfahrung nach rentiere sich dieser enorme organisatorische Aufwand aber auf jeder politischen Ebene. Denn besonders umstrittene Themen können so durch Bürgergutachten eines repräsentativen Bürgerrats eine deutlich höhere Akzeptanz bei der Bürgerschaft erzielen. Das hilft letztlich auch den gewählten Volksvertreter*innen und stärkt die Repräsentanz. Dieser Beobachtung schloss sich Ute Scheub, Publizistin und Autorin, am Freitagabend an. Zur „Demokratisierung der Demokratie“ muss die repräsentative Demokratie neue Ansätze im politischen System finden, um die Bürgerinnen und Bürger besser in die Entscheidungsfindung langfristiger und tiefgreifender Veränderungen einzubeziehen. Bürgerräte können hier ein erfolgsversprechender Ansatz sein.

Der Freitagabend hielt aber noch eine weitere hochkarätig besetzte Diskussion bereit: um das „Tataa!“ als neuen Raum der Demokratie für Fürth zu erklären und eine Perspektive dafür zu entwickeln, wurden Gäste der (Sozio-)Kulturszene in Nürnberg eingeladen.

Mit von der Partie waren die Kulturaktivistin Wally Geyermann vom Quellkollektiv e.V., dem Träger vom Heizhaus Nürnberg, sowie Annette Trümper und Maria Trunk vom Amt für Kultur und Freizeit der Stadt Nürnberg. Die etwa 50-jährige Erfahrung der Nachbarstadt mit den zahlreichen Kulturläden, Stadtteilzentren und freien Kreativorten, wie Auf AEG oder nun auch dem Heizhaus kann Fürth als Beispiel dienen, wie Stadtteilarbeit, Kulturarbeit und Demokratieförderung zusammen passen können.

Die Gäste konnten viel aus ihren Erfahrungen mit kreativen Zwischennutzungen berichten und sprachen auch die möglichen Stolperfallen von derart gewachsenen Strukturen an. Selbst nach 50 Jahren, so ihre Erfahrung, braucht es immer noch einen langen Atem, um mit den manchmal langsamen Mühlen der Stadtverwaltung, sowie der Stadtpolitik die notwendigen nicht-kommerziellen Räume für Begegnung zu schaffen. Mit der reflektierten Betrachtung auf die Nürnberger Entwicklung wurde der Zukunftssalon mit einer spannenden Diskussionsrunde gefüllt.

Samstagvormittag wurde bei einem Frühschoppen auch der Stadtrat eingeladen, die neuen Räumlichkeiten kennen zu lernen. Die Chancen, die dieser Raum nun bietet, wurden von allen anwesenden Fraktionen gelobt. Gerade am Grünen Markt habe man nun einen äußerst attraktiven Standort für mehr Bürgerbeteiligung geschaffen. Um zu zeigen, welches Netzwerk hinter der künftigen Nutzung des Zukunftssalons steckt, wurde am Samstag der Grüne Markt zum Markt der Möglichkeiten. An Info- und Mitmachständen präsentierten sich der ADFC, die Seebrücke, Nimm und Gib, die Lebensmittelretter, Bluepingu, der Leih-Laden „LeihLa“, sowie die Partnerschaft für Demokratie. Aus Nürnberg war das Urban Lab mit ihrem Bauprojekt „Café Latte“ zu Gast. Zahlreiche Spaziergänger*innen nutzten die Gelegenheit sich zu informieren. Letztlich hielt auch das Wetter.

Die Initiator*innen des „Tataa!“ freuen sich über die positive Resonanz der ersten Wochen. Da die Wirtschaftssförderung nicht hundertprozentig die Mietkosten übernimmt und zudem die Förderung nur für zwei Jahre gesichert ist, muss die Untermieterin humaQ gGmbH und der Hauptnutzer Bluepingu Fürth über verschiedene Wege die finanzielle Lücke schließen. In den kommenden Jahren möchten sie nun zeigen, welche Möglichkeiten sich nun durch gemeinnützige und gemeinwohlorientierte Räume wie den neuen Zukunftssalon bieten. Es gibt bereits verschiedene Nutzungsanfragen von Initiativen, Gruppen und Vereinen. Das zeige schon jetzt den großen Bedarf derart niedrigschwelliger Räume der Demokratie in Fürth. Die Veranstaltung wurde durch das Bundesprogramm „Demokratie leben“ gefördert.